Vom 1. bis zum 28. Februar 2019 war wieder eine Delegation von Avanti! zu Besuch in Gambia.
Mittlerweile haben sich die Kooperationen erweitert und so wurden verschiedene Aktivitäten durchgeführt.
Die GAPD betreffend hatten wir ein paar Arbeitstreffen, denn es ist unser gemeinsamer Plan, für die PatientInnen, die die orthopädische Werkstatt aufsuchen, ein Gästehaus zu bauen. Dieses wird zunehmend wichtig, weil die PatientInnen zum Teil lange Anreisewege haben und gezwungen sind in Banjul zu übernachten, damit sie in der orthopädischen Werkstatt versorgt werden können. Für die Finanzierung des Hauses möchte Avanti! einen Antrag beim BMZ stellen. Dieses machten wir bereits um den Container mit Hilfsmitteln zu finanzieren.
Dieser ist übrigens hervorragend angekommen. Die geschickten Hilfsmittel waren innerhalb kürzester Zeit verteilt, so hoch ist der Bedarf. Wir haben nicht nur einen Dank von der GAPD erhalten, sondern auch vom Social Wellfare Departement.
Für die Realisierung des Hausprojektes fordert das BMZ auch einige Leistungen des Empfängerlandes, und so gab es viel zu besprechen und zu planen, denn nur gemeinsam können wir das Projekt stemmen. Wenn alles wie geplant läuft, soll der Hausbau ab Anfang 2020 umgesetzt werden.
Nachdem vor einem Jahr ein Film über die orthopädische Werkstatt der GAPD gedreht wurde (der auf DVD bei Avanti! bestellt werden kann), wurde in diesem Jahr eine Dokumentation über den Frauenflügel der GAPD erstellt.
Ein Projekt innerhalb der GAPD war die Ausbildung von Frauen mit körperlichem Handicap, damit diese für ihren Lebensunterhalt ein Geschäft aufmachen können, der „GAPD Women Wing“.
Gegründet wurde die Frauengruppe im Jahr 1997vom Executive der GAPD.
Die Frauen wurden ausgebildet als Schneiderinnen, Batikerinnen, Stickerinnen und im Herstellen von Seife, Mangomarmelade, Pfeffersoße und Honig.
Für die Ausbildung standen drei Expertinnen für die genannten Berufe zur Verfügung, die dafür von der GAPD engagiert wurden.
Nach der Ausbildung wurden die Schneiderinnen von der UNDP gefördert, damit sie einen eigenen Laden aufmachen konnten. Die anderen Frauen wurden nach ihrer Ausbildung weiterhin von der GAPD betreut.
Leider musste das Ausbildungsprojekt im Jahr 2007 eingestellt werden, weil das Geld für die Durchführung nicht mehr aufzubringen war. So konnten weder die Trainerinnen noch benötigtes Material finanziert werden. Auch waren die Kosten für Fahrten zu der Ausbildungsstätte für die Frauen sehr hoch, besonders weil diese ja ein körperliches Handicap haben. In Gambia findet der Transport für Personen fast ausschließlich über Taxis oder Kleinbustaxis statt. Diese sind natürlich keineswegs barrierefrei.
In der Zeit des Bestehens war das Projekt außerordentlich erfolgreich. Viele Frauen konnten ausgebildet werden und viele von ihnen können sich nun ihren Lebensunterhalt verdienen. Auch wenn ihre Existenz immer auch prekär bleibt.
Die Sicherung der Existenz ist enorm wichtig in einem Land wie Gambia, in dem es keine Sozial- oder Krankenversicherung gibt. Vielen Menschen mit Handicap bleibt nur zu betteln, oder, wenn sie Glück haben, sich von der Familie versorgen zu lassen.
Gerne würde die GAPD dieses Projekt wiederbeleben. Es fehlt aber zurzeit ein Sponsor.
Es gibt nach wie vor hohen Bedarf und es gibt viele interessierte Frauen, die eine Ausbildung absolvieren möchten.
Dabei ist die Ausbildung wirklich enorm qualifiziert. Es ist faszinierend zuzuschauen, wie die Schneiderinnen mit wenigen Handgriffen die schönsten afrikanischen Kleider aber auch alles andere nähen. Die gebatikten Stoffe und Shirts sind kleine Kunstwerke.
Neben Spendengeldern für dieses Projekt sammeln wir ab nun auch gebrauchte Nähmaschinen für die Geschäfte der ausgebildeten Schneiderinnen.
Unser Beitrag als Sponsor für das Projekt kann zurzeit nur gering sein. Wir hoffen auf weitere Sponsoren.
Ein Mitglied von Avanti! baute auch die Zusammenarbeit mit dem Small Teaching Hospital und der Universität von Banjul aus. Die Aktivistin hielt ein Seminar in Manualtherapie ab, für die Studierenden der Physiotherapie. Solche Fachseminare sind ansonsten in Gambia nicht möglich, weil die FachdozentInnen dafür fehlen. Die Ausbildung in Physiotherapie ist sehr rudimentär.
Die Aktivistin stellte sich auch an verschiedenen Tagen für die Behandlung von PatientInnen zur Verfügung, Schwerpunkt war in diesem Jahr die Orthopädie.
Während unseres Aufenthaltes wurde auch eine Verlinkung der Universität von Gambia mit der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin angebahnt. Ziel ist eine Kooperation der beiden Universitäten und ein Austausch von DozentInnen und Studierenden. Wir sind uns sicher, dass beide Seiten sehr von dieser Kooperation profitieren werden.
Und dann haben wir auf Initiative einer Aktivistin aus Georgsmarienhütte noch eine Familie aufgesucht, über die in der Zeitschrift Publik Forum berichtet wurde. Es handelt sich um eine sehr arme Familie, die in dem Ort Tanji am Atlantik wohnt. Die Mutter ist allein erziehend. Der älteste Sohn hatte sich aufgemacht, den schweren Weg durch die Wüste und über das Mittelmeer zu wagen um nach Europa zu kommen. Der letzte Kontakt mit dem Sohn fand statt, als dieser das Mittelmeer erreicht hatte und vermelden konnte, dass er nun auf ein Boot nach Europa könne. Dann brach der Kontakt ab und es ist leider mit Sicherheit davon auszugehen, dass der junge Mann im Mittelmeer ertrunken ist. Seitdem ist die Frau mit acht kleinen Kindern allein und lebt in den ärmlichsten Verhältnissen.
Die Aktivistin aus Georgsmarienhütte hatte Geld für die Familie gesammelt und wir machten uns auf den abenteuerlichen Weg die Familie zu suchen und zu finden. Von dem gesammelten Geld konnte eine Gefriertruhe gekauft werden und es blieb noch Geld als Startkapital für ein kleines Geschäft. Nun kann die Frau am Atlantik von den Fischern Fisch kaufen und für den Weiterverkauf auf dem Fischmarkt in der Truhe lagern. Damit kann sie nun selbst Geld verdienen um ihre Familie zu ernähren und auf Dauer auch Geld an die Seite legen um das völlig marode Haus, in dem die Familie wohnt, zu renovieren.
Wir haben also wieder viel gesehen in Gambia und viele Eindrücke in uns aufnehmen können. Dieses arme Land hat andere Reichtümer, die uns Deutsche demütig werden lassen, aber auch sehr bereichern. Die Menschen sind freundlich und gastfreundschaftlich. Sie nehmen dringend benötigte Unterstützung an, aber sind sich sehr wohl bewusst, dass dies keine Almosen sind, sondern dass es Zusammenhänge gibt zwischen Armut in der südlichen Welt und Reichtum in Europa. Viele Menschen wissen aus dem bisschen, was sie haben, viel zu machen.
Zudem ist das Land, mit seinem Sonnenschein im Winter und über 30°C, wunderschön. Die Hitze zwingt zu Langsamkeit und Gelassenheit und hilft uns einen anderen Blick auf die Welt zu entwickeln.