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Internationale Zusammenarbeit Gambia Solidarität Osnabrück hilft Menschen mit Handicap

Von Carolin Hlawatsch

Bilder und Informationen aus Gambia findet man auch in der Osnabrücker Praxis von Osteopathin Hildegard Winkler. Foto: Carolin Hlawatsch

 

Bilder und Informationen aus Gambia findet man auch in der Osnabrücker Praxis von Osteopathin Hildegard Winkler. Foto: Carolin Hlawatsch

 

Osnabrück. Mit ihrer langjährigen Berufserfahrung als Physiotherapeutin und Osteopathin hilft Hildegard Winkler aus Osnabrück, Mitglied der „Gambia-Solidarität“ im Verein „Avanti!“, Menschen mit körperlichen Handicaps in Westafrika.

„Der Bedarf im medizinischen Bereich ist enorm in Gambia, und es gibt viele Möglichkeiten für uns, dieses sehr arme Land mit nur geringem Aufwand zu unterstützen“, sagt Hildegard Winkler, die im November zusammen mit drei weiteren Mitgliedern der „Gambia-Solidarität Osnabrück“ nach Afrika gereist ist. Dort vertiefte die Gruppe die bereits seit 15 Jahren bestehende Zusammenarbeit mit der gemeinnützigen Nichtregierungsorganisation „Gambian Association for Physically Disabled (GAPD)“. Diese NGO betreibt eine Rollstuhlwerkstatt in der Hauptstadt Banjul und eine Ausbildungsstelle für Frauen mit Behinderung in Serrekunda.

Ebrima Kofe, Orthopädiemechanikassistent und Mitarbeiter der GAPD zusammen mit Hildegard Winkler in Gambia. Foto: Winkler  Engagiert in Gambia: Vor dem Büro der GAPD trafen sich (von links) Gabriel Jajure, Orthopädiemechaniker, Matthias Ludynia, Filmassistent, Ebrima Kofe, Orthopädiemechanikassistent, Hildegard Winkler, Gregor Schöne, Tontechniker, Marie Charlier, Filmemacherin und Moro.  Foto: Winkler

Winkler und ihre Mitstreiter brachten Material in die orthopädische Werkstatt der GAPD, das es in Afrika nicht gibt, so zum Beispiel spezielle Schleifbänder für die Prothesenherstellung. Zudem organisierten sie Formalien für den Empfang eines Containers, der Anfang 2018 von Deutschland aus nach Gambia geschickt wird. Um den Transport finanzieren zu können, hat die „Gambia-Solidarität“ einen Antrag beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) gestellt. „Der Container ist gefüllt mit Rollstühlen, Rollatoren, Brillen, gespendet von orthopädischen Geschäften“, berichtet Winkler. Langfristig soll die Unterstützung der „Gambia-Solidarität“ dazu führen, dass sich die Menschen vor Ort selbst helfen können. Anträge zur Finanzierung einer Prothesenherstellungsmaschine, die nicht mehr auf deutsche Lieferungen angewiesen ist, sondern mit afrikanischen Materialen arbeiten kann, laufen bereits.

Patienten kommen von weither

„Die orthopädische Werkstatt ist einmalig in ganz Westafrika. Patienten werden dort mit staatlicher Unterstützung kostenlos versorgt“, erklärt Hildegard Winkler. Menschen mit Behinderung kämen oft von weither angereist, da es in den Nachbarländern Mali und Senegal keine vergleichbare Institution gibt. Feste Behandlungstermine seien in Afrika allerdings nicht gang und gäbe, und so müssten die Patienten, auch wenn sie teilweise bereits eine lange Anreise hinter sich hätten, auf der Bank Platz nehmen und manchmal viele Stunden oder gar den ganzen Tag warten. „Für diese Patienten wird ein Gästehaus benötigt, das zusammen mit der GAPD realisiert werden soll“, plant die Osnabrücker Osteopathin.

Hildegard Winkler mit einem kleinen Patienten bei der Physiotherapie im Small Teaching Hospital in Banjul. Foto: Winkler

2016 reiste sie das erste Mal nach Gambia und knüpfte dort Kontakte zur physiotherapeutischen Abteilung des Small Teaching Hospital, das neben der orthopädischen Werkstatt der GAPD liegt. Bei ihrem zweiten Besuch konnte sie nun die Kollegen bei Behandlungen unterstützen und Seminare zur Fortbildung geben. „In Afrika herrscht Mangel an Physiotherapeuten, weil es diese Ausbildung erst seit drei Jahren gibt. Der Fortbildungsbedarf ist hoch“, betonte Winkler. Regelmäßig vermittelt sie Praktika für angehende Osnabrücker Physiotherapeuten in Banjul. In Afrika seien Kinderlähmung, Entwicklungsverzögerungen bei Kindern, Schlaganfälle und Diabetes-Spätfolgen noch weit verbreitet. Diese neurologischen Erkrankungen könne man besser mit den Händen (wie in der Physiotherapie und Osteopathie) als mit Medikamenten bekämpfen, ist Winkler überzeugt.

 

„Unglaublich herzlich“

Weil die Aktivistin Seminare gab, war die Gruppe der „Gambia-Solidarität“ Gast der Universität von Banjul und somit in deren Gästehaus in der größten Stadt Gambias, in Serrekunda, untergebracht. Dort wohnten sie in einem Stadtteil fernab der Touristengebiete und gewannen Einblicke in den Alltag der Gambianer. „Wir Europäer werden dort unglaublich herzlich aufgenommen“, berichtete die Osnabrückerin, die dort „Doktor Hilda“ genannt wurde und stets von vielen Menschen umringt war. „Allein sein ist dort unmöglich, es finden immer Gespräche statt, oftmals bei einem Tee, der immer wieder aufgebrüht wird.“ Unsicherheit oder gar Angst habe sie nie verspürt. Die Menschen in Gambia seien friedlich, die politische Lage inzwischen stabiler, nachdem vor einem Jahr Präsident Yahya Jammeh abgewählt wurde, der das Land als Diktator regiert habe. Inzwischen sei der Demokrat Adama Barrow an der Macht.

Mit im Team der „Gambia-Solidarität“ ist die Hamburger Filmemacherin Marie Charlier. Sie drehte im November in Gambia einen Film über die Arbeit der GAPD, der im Frühjahr auch in Osnabrück gezeigt wird.

Hildegard Winkler möchte von nun an jedes Jahr nach Gambia reisen, um die Hilfsprojekte dort umzusetzen. Es sei sinnvoll, so betonte sie, mit politisch motivierten Menschen aus den Herkunftsländern zusammenzuarbeiten. Der erste Kontakt des vor über 25 Jahren in Osnabrück gegründeten antifaschistischen Vereins „Avanti!“ zur GAPD in Gambia sei vor 13 Jahren durch einen in Osnabrück lebenden und später wieder abgeschobenen Flüchtling entstanden. Daraufhin habe sich innerhalb von „Avanti!“ die „Gambia-Solidarität“ gebildet.

Hildegard Winkler (links) besuchte die Mitarbeiter der Physiotherapie des Small Teaching Hospital in Banjul. Foto: Winkler